Wo ist der Ansatz zu finden?
Zuallererst sind da die klassischen Beispiele der Bionik: Lotus Paint, eine Wandfarbe, mit Abperl-Effekt, die Fassaden automatisch reinigt; Studien der Automobilindustrie mit Formen, die den Windwiderstand verringern; bewegliche Flugzeugtragflächen, die sich wie Vogelflügel den Luftbedingungen anpassen. Besonders beeindruckend ist die Nutzung von biologischen Phänomenen wie dem fraktalen Wachstum von Plasmodien, also Schleimpilzen, die ihre Fortbewegung und Struktur durch zufällige Variationen optimieren. Dieses evolutionäre Prinzip wird dann durch künstliche Intelligenz analysiert und simuliert, sodass der Algorithmus zehntausende Muster erschaffen kann. Leichtgewichtige, extrem stabile Strukturen für die Luftfahrt oder Bau-Industrie sind so entstanden.
Das sind großartige Erfindungen. Es sind aber Einzellösungen, die es über die letzten 50 Jahre nicht geschafft haben, den Markt oder die Innovationsabteilungen zu übernehmen. Unsere Ansätze sind systemischer, wir arbeiten in Clustern von Expert*innen und Firmen und entwickeln Innovationen – von der Erfindung bis zum Business-Modell und Markt-Implementierung.
Ein weiteres Beispiel der bioinspirierten Innovation kann die Bio-Utilization sein: Dabei nutzt man biologische Organismen oder Systeme und ihre Eigenschaften, um eine spezifische Aufgabe für den Menschen zu erfüllen. Bei BECCS, also Biomasse-basierter CO2-Abscheidung und Speicherung, werden Pflanzen – zum Beispiel Bäume oder Algen – dazu genutzt, CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen und in Biomasse zu speichern. Wenn diese Biomasse dann zur Energiegewinnung genutzt wird, beispielsweise durch Verbrennung, und das Rauchgas etwa durch Katalysatoren auf Basis von Metallverbindungen vom CO2 befreit wird, so kann man dieses CO2 dann zum Beispiel in unterirdischen Lagerstätten einlagern. Damit kreiert man eine Form der Energiegewinnung, die sogar CO2-negativ ist. Zusammen mit Akteuren im BECCS-Feld bauen wir gerade einen Schwarm-Cluster auf, um die Technologie industriell zu skalieren.
Bioinspiration wird aber nicht nur in der Entwicklung von Produkten, Technologien oder Dienstleistungen verwendet, sie kann auch im Zusammenhang mit Organisationsentwicklung genutzt werden. Für unsere Schwarm-Innovationsplattform COBIOM haben wir unsere Inspiration natürlich in der Natur gefunden. Als wir vor der Frage standen, wie eine größere Anzahl von Individuen in der Natur zielgerichtet zusammenarbeiten, sind wir auf die vielfältigen Mechanismen der Kommunikation in den Schwärmen von Insekten und Fischen gestoßen. Ein Faktor war hier besonders wichtig, um die Funktionsweise des Schwarms aufrecht zu erhalten, nämlich dass die Zusammenarbeit der Individuen belohnt wird. Das heißt, es entsteht ein Vorteil für das einzelne Individuum durch die Zusammenarbeit mit anderen Individuen aus dem Schwarm.
Hierbei handelt es sich um einen Vorteil, den das Individuum ohne die Kooperation mit den anderen nicht hätte. Bei COBIOM haben wir das in einem Token-System umgesetzt. Dieses System belohnt unsere Expert*innen, zusammen an den Herausforderungen unserer Kund*innen zu arbeiten statt als einzelne Teams unabhängige Lösungen entwickeln. Der Vorteil liegt darin, dass wir das kollektive Wissen voll nutzen, um die beste Lösung für den Kunden oder die Kundin zu kreieren.